Das Potential des Barhufes bei der Sanierung von Hufreheschäden (Konstanze Rasch)
0 Einleitung
Wie bei vielen Huf- und Beinerkrankungen gilt es auch bei der Hufrehe bislang als kaum umstritten, dass zur Therapie der rehegeschädigten Hufe ein orthopädischer Beschlag (oder auch Bekleb) [1] hilfreich ist. Nicht wenige Tierärzte betrachten diesen sogar als absolut notwendig. Es herrscht in der Tiermedizin wie auch in weiten Teilen der Hufbearbeiter nahezu Einigkeit in der Gewissheit, dass – wenn überhaupt – die Rückführung eines Rehehufes in normale physiologische Verhältnisse nur mittels orthopädischem Beschlag möglich ist.
Ich möchte im Folgenden nicht nur den Beweis antreten, dass dies anders als geglaubt mit dem Barhuf sehr gut möglich ist. Ich möchte auch darlegen, dass und wie der Beschlag das therapeutische Vorhaben, die Reheschäden zu verhindern und zu sanieren, aus meiner Sicht eher erschwert, anstatt es zu erleichtern.
1 Der geschädigte Rehehuf
Bei einer Hufrehe erkrankt der Hufbeinträger. Dessen Funktionsverlust und dessen Schädigung prägen das Bild des Rehehufes. Das Ausmaß seiner Schädigung entscheidet darüber, inwiefern auch zusätzlich noch andere Strukturen des Hufes – bspw. die Kronlederhaut, das Kronpolster, die Sohlenlederhaut oder der Hufbeinrand - mitgeschädigt werden.
Je nach auslösender Ursache und begleitenden Umständen kann eine Hufrehe leichten bis sehr schweren Schaden am Hufbeinträger hinterlassen. Leicht geschädigte Hufe haben die Tendenz, sich „aus eigener Kraft“ zu erholen. Tun sie dies nicht, so liegt das fast immer an neuerlichen Reheschüben und dem Weiterbestehen der Reheursachen. Letztere sind dabei zumeist vergesellschaftet mit einer Insulinresistenz der betroffenen Pferde. Bei EMS-Pferden fällt der erste Hufreheschub sehr oft moderat aus, was leider manchen Pferdebesitzer dazu verleitet, die Problematik nicht ausreichend ernst zu nehmen. Bestehen Überfütterung und Bewegungsmangel fort, folgt meist der zweite und dritte Reheschub und die Schäden an den Hufen werden nachhaltiger. [2]
Ich möchte mich in meinen folgenden Ausführungen allerdings hauptsächlich auf die stärker geschädigten Hufrehefälle beziehen. Mehr als bei den leichtgeschädigten Hufen mit ihrem großen Selbstheilungspotential gewinnt bei den Rehehufen mit schwereren Schäden der Umgang mit dem Huf selbst, sprich die Art und Weise seiner Bearbeitung nach der Hufrehe, enorm an Gewicht. Die Hufbearbeitung wird hier zu einem ganz entscheidenden Faktor dafür, ob die Sanierung der Reheschäden gelingt oder nicht.
Im Falle einer massiveren Beschädigung des Hufbeinträgers verändert sich die Hufform in den Monaten nach einer Hufrehe mehr oder weniger stark. Die Hufwände, in erster Linie die Zehenwände, mitunter aber auch die Seitenwände, werden schräger. Die Blättchenschicht wird breiter. Die Trachten verändern sich in ihrer Höhe und Winkelung zum Boden. Diese...
[1]das kann im Weiteren immer mit gedacht werden, auch wenn ich letzteren nicht mehr explizit erwähne
[2]Und auch ohne einen expliziten, neuen Reheschub führt die Stoffwechsellage in solchen Fällen zu einer unterschwelligen „Reheproblematik“ siehe auch HAMPSON (2017: 86ff.) und PAUL (2017: 80ff.) hier im Band.