Hufrollenerkrankung und Differentialdiagnosen unter huforthopädischen Gesichtspunkten (Bianka Lücke)
Einleitung
Unter dem Begriff Podotrochlose, Hufrollenentzündung oder Strahlbeinlahmheit wird ein breites Spektrum von pathologischen Veränderungen der Hufrolle (Podotrochlea) zusammengefasst. Aufgrund der komplexen Ätiopathogenese sollte diese Erkrankung jedoch besser unter der Bezeichnung Podotrochlose-Syndrom diskutiert werden. Das Podotrochlose-Syndrom wird als eine der häufigsten Ursachen von Vorderhandlahmheiten bei Pferden im Alter zwischen vier bis 15 Jahren gehandelt. Eine Beteiligung der Beckengliedmaßen ist zwar möglich, aber selten beschrieben.
Zunächst wurde von einer arthritischen Erkrankung des Strahlbeines selbst ausgegangen, die sekundäre Auswirkungen auf den Hufrollenschleimbeutel und die Tiefe Beugesehne hat. Diese Theorie wird jedoch in Frage gestellt, und es konnte eine erbliche Veranlagung nachgewiesen werden, die in direktem Zusammenhang mit der Stellung der Gliedmaße und der Konstruktion des Strahlbeines steht.
Die Krankheitsentstehung wird durch unregelmäßige Stellung der Gliedmaßen, unsachgemäße Zubereitung der Hufe, unsachgemäßer Beschlag, forcierte Bewegung auf hartem Boden, Ernährungseinflüsse und vieles andere mehr gefördert.
Klassische Form: chronische, stufenweise fortschreitende und entartende Erkrankung mit Beteiligung des Strahlbeins, des Hufrollenschleimbeutels und der Beugesehnen
Anatomie
Zur Hufrolle zählen folgende Strukturen: das Strahlbein, die Tiefe Beugesehne (TBS) im Bereich des Hufgelenkes und der dazwischen liegende Hufrollenschleimbeutel (Bursa podotrochlearis).
Das Strahlbein (Os sesamoideum distale) ist ein weberschiffchenförmiger Knochen, der palmar zwischen dem Hufgelenk und der tiefen Beugesehne liegt. Es ist mit dem Kronbein und dem Hufbein an der Bildung des Hufgelenkes beteiligt und unterliegt dorsoventral gerichteten Druckkräften und axialen Zugkräften. Hauptaufgabe des Strahlbeines ist die Verbesserung der mechanischen Funktion der Tiefen Beugesehne. Die beiden konkaven, proximodorsalen Anteile der Gelenkfläche artikulieren mit der distalen Gelenkfläche des Kronbeines und sind von hyalinem Knorpel überzogen. Die palmare Gleitfläche ist dagegen von Faserknorpel bedeckt, der das Strahlbein vor Abnutzung durch die TBS schützt. Zwischen der faserknorpelgeschützten Gleitfläche und der Sehne liegt der Hufrollenschleimbeutel. Der distale Rand des Strahlbeines artikuliert mit der schmalen von hyalinem Knorpel überzogenen Fläche mit dem Hufbein. Im mittleren Teil des proximalen Randes treten kleine Gefäßlöcher ein.
Die arterielle Versorgung erfolgt über eine Anastomose der medialen und lateralen Zehenarterie (Ramus palmaris phalangis mediae). Der proximale Rand des Strahlbeines wird von einer großen Arterie versorgt, die innerhalb des Bindegewebsstroma liegt und Äste zum Strahlbein abgibt. Distal liegt im Strahlbein-Hufbeinband eine Arterie, die Äste (Arteriae nutriciae distales) zu den Gefäßlöchern abgibt, die dorsal dem Ansatz des Bandes liegen.
Der venöse Abfluss erfolgt parallel zur arteriellen Versorgung.
Die Nervenversorgung erfolgt medial durch die Endäste des N. digitalis palmaris medialis, welcher proximal des Fesselkopfes aus dem N. digitalis communis II hervorgeht und ihn fortsetzt. Lateral geht der N. digitalis palmaris communis III in den N. digitalis palmaris lateralis über, der in das das Strahlbein umgebende Gewebe zieht, um schließlich in der Wand- und Sohlenlederhaut zu enden.
Das Strahlbein besitzt drei Haltebänder,
das Strahlbein-Hufbeinband (Lig. Sesamoideum distale impar) und die paarigen Seitenbänder (Fesselbein-Strahlbeinbänder, Lig. sesamoideum collaterale mediale bzw. laterale).
Das Strahlbein-Hufbeinband ist relativ derb und unelastisch. Es erstreckt sich vom distalen Rand des Strahlbeines zur palmaren...
Dieser Artikel ist Bestandteil der Tagungsmappe der 1. Huftagung der DHG e.V. Die Tagungsmappe (51 Seiten) kann zum Preis von 10 Euro bei uns bestellt werden.