Hufbeinzyste beim Fohlen
Hákon, Islandpferd
Hákon wurde im Mai 2009 geboren. Er wohnte mit seiner Mutter und einigen anderen Stuten, Fohlen und Jungpferden auf einer Weide, im Winter auf Paddock mit Unterstand. Die Fohlen auf dem Gestüt werden vom ersten Tag an an den Menschen gewöhnt. Wenn die Mutterstuten zur Hufbearbeitung von der Weide geholt werden, sind die Fohlen immer mit dabei. Daher wurden die Fohlenhufe von Beginn an dokumentiert:
Am 6. August 2009 war Hákon erstmalig VL lahm. Die Hufe wurden gründlich untersucht und dann bearbeitet. Der erste Verdacht fiel auf ein Hufgeschwür, woraufhin der Huf einen Angussverband bekam und Hákon ein paar Tage im Stall blieb. Da keine Verbesserung der Situation eintrat, wurde die Tierärztin geholt, die ihm unter Antibiose Boxenruhe verschrieb. Das Pferd hatte einen warmen Huf mit deutlicher Pulsation, reagierte auf die Untersuchungszange positiv, hatte erhöhte Leukozyten und leicht erhöhte Temperatur. Dieser Zustand zog sich über 8 Wochen. Leider war nicht eindeutig erkennbar, was die Ursache war. Nach Abklingen der Symptome ging das Fohlen wieder auf die Weide.
Im Winter 2009/2010 zeigten sich immer wieder kurzfristige Lahmheiten VL, die aber nie länger als ein paar Tage anhielten. Daher wurde auch nicht weiter behandelt. Die Hufe wurden in regelmäßigen Abständen von ca. 8 Wochen überwacht bzw. bearbeitet.
Am 15. Februar 2010 hatte Hákon einen Hufbearbeitungstermin. Hier wurde erstmals deutlich, dass sein linker Vorderhuf auf Grund der Lahmheiten weniger Abrieb hatte (Schonhaltung) und dadurch in eine Schiefstellung geraten ist. Ab diesem Termin hat die betreuende Huforthopädin ihn vorne links verstärkt „auf Abrieb gesetzt“, um den Höhenunterschied langsam wieder zu normalisieren. Zum Hufbearbeitungstermin im April zeigte sich, dass dieser Plan aufging.
Hákon wurde Anfang 2010 abgesetzt und verbrachte den Sommer mit anderen Junghengsten und älteren Wallachen auf der Weide. Die Hufe wurden weiterhin alle 8 Wochen bearbeitet. In der ganzen Zeit waren keine Auffälligkeiten zu erkennen.
Auch bei der nächsten Bearbeitung, Ende Februar 2011, war keine Verbesserung erkennbar. Im März 2011 zeigte sich erneut eine deutliche Lahmheit. Das Pferd wurde zur weiteren Diagnostik in eine Klinik gebracht. Hier wurden die entsprechenden diagnostischen Anästhesien durchgeführt, wobei deutlich wurde, dass das Problem im unteren Bereich des Hufes lag. Röntgenbilder wurden angefertigt und es wurde die Diagnose Hufbeinzyste gestellt.
In der Klinik wurde daraufhin unter Röntgenkontrolle Cortison in die Zyste gespritzt, desweiteren wurde Calcetenin verabreicht, um die Zyste zu veranlassen, sich selbständig zu schließen/mineralisieren. Hákon war 14 Tage in der Klinik, anschließend hatte er Zuhause noch 5 Wochen Boxenruhe.
Die Zeit von Mai bis Oktober 2011 verbrachte Hákon auf einer Hengstweide. Er zeigte in dieser Zeit keine Lahmheiten.
Anfang Oktober wurde er wieder lahmend nach Hause geholt. Eine Röntgenkontrolle wurde angefertigt. Die Tierärzte waren sich nicht einig, ob eine Verbesserung eingetreten war, da die Zyste zwar verkleinert aussah, man aber die Röntgenbilder wegen unterschiedlicher Perspektive nicht vergleichen konnte.
Im November wurde Hákon wegen starker Lahmheit wieder in eine Klinik gebracht. Hier wurde ein MRT angefertigt, welches zeigte, dass das Hufbein des linken Vorderhufes eine traumatisch bedingte Einstülpung der Huflederhaut aufwies. Mit dieser Diagnose wurde Hákon operiert. Das Ziel war, die eingestülpte Lederhaut aus der Zyste zu entfernen. Noch in der Klinik bekam Hákon am linken Huf einen Beschlag, um die Hornkapsel ruhig zu stellen. Zudem hatte er einen Verband, der auch Zuhause alle 2 Tage erneuert wurde.
Durch den einseitigen Beschlag und den Verband stand das Pferd nun fast 2 Monate VL deutlich höher als VR. Die Sohlenverletzung verhornte sehr gut. Mitte Februar wurde neu beschlagen. Dieses Mal wurde auch VR ein Eisen angebracht. Leider achtete jedoch niemand beim Beschlagen auf den noch immer bestehenden Höhenunterschied:
Die Besitzerin wurde auf die bereits lang andauernde Schiefe des Pferdes aufmerksam gemacht. Um Folgeschäden vorzubeugen, wurde im März 2012 eine Osteopathin hinzugezogen: „Die osteopathische Untersuchung ergab eine komplette Widerristblockade nach links und eine Karpalgelenksblockade im Bereich des Os carpale quartum nach palmar an der linken Hand. Der Zustand des Fells und des Unterhautgewebes lässt auf eine Chronizität (langsamer, schleichender Verlauf einer Krankheit) des Zustandes schließen. Im Bereich des Widerrists war die Mähne trocken, dünn und spröde. Nach dem Lösen der Blockaden, unterstützt mit lokalen Akupunkturpunkten ist eine bessere Versorgung des Widerrist und der kompletten Gliedmaße und damit ein günstigerer Heilungsverlauf zu erwarten."
Weiterhin befundete Ende März 2012 ein Tierarzt und ausgebildeter Pferdedentist die Zähne, da sich die Fehlstellungen der Hufe auch hier auswirken könnten.
Nach erneuter Röntgenkontrolle am 27. April 2012 bestätigte die Tierärztin einen positiven Verlauf und informierte die Huforthopädin, dass die Eisen im Juni abgenommen werden dürfen und Hákon dann wieder auf die Weide darf. Er wird weiterhin alle 4 Wochen huforthopädisch betreut.
Alle Röntgenbilder mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Alexandra Köster.
Hákon zog später mit seiner Besitzerin in die Schweiz um.
Update im Frühjahr 2021:
"Hákon ist seit seiner OP ein gesundes Pferd. Wir machen heute alles, von der Freiarbeit über Dressur und kleine Sprünge, bis hin zu stundenlangen Ausritten über alle Böden - meistens sogar ohne Hufschutz möglich. Bis auf eine kleine Zubildung von Horn an der ehemaligen OP-Stelle ist gar nichts mehr zu sehen. Er hatte in den ganzen Jahren auch nie Geschwüre oder Abszesse und ich bin sehr froh, ein unkompliziertes, gesundes Pony mein eigen nennen zu dürfen."