Skip to main content Skip to page footer

Archiv

Zurück

Umstellung auf Barhuf

Hallo am 23.12. fasste ich den Entschluss, meinen Brandenburger die Eisen entfernen zu lassen, nachdem er sich wieder eins abtrat.
Da ja nun schlechtes Wetter zum Reiten war/ist, bin ich ihn heute zum ersten Mal wieder im Schnee geritten. Doch zum Erschrecken musste ich feststellen, das er nach ein paar Trabtritten vorne links anfing zu lahmen. Dies war dann später auch im Schritt zu merken.
Hierbei muss ich wohl noch erwähnen, dass er vorne links einen Bockhuf hat und etwa 7 Jahre immer vorn Eisen trug.
Nachdem ich mich im Internet über die Umstellung belesen hab, musste ich feststellen, dass das ja gar nicht ohne ist?

Also hab ich meinen Schmied angerufen, der meinte nur, ich soll eine Woche abwarten und ihn ruhen lassen und dann gucken, ob er immernoch lahmt, sonst Eisen wieder rauf.

Mehr ist nicht dazu zu sagen? Oder sollte ich ne 2. Meinung im Falle eines weiteren lahm-gehens einholen?

LG

Re: Umstellung auf Barhuf

Hallo Sabrina,
wenn die Eisenabnahme bei Ihrem Pferd erst 2-3 Wochen her ist und das Tier zuvor 7 Jahre lang beschlagen war, ist die Umstellung wahrscheinlich nicht einfach. Das Pferd und seine Hufe brauchen Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen; hinzu kommt, dass bei gefrorenen Winterböden die Bedingungen erschwert sind, auf den hart gefrorenen Matschklumpen haben oft auch langjährige Barhufgänger (und Eisenträger ebenfalls) Probleme. Sie sollten Geduld mit Ihrem Pferd haben und Hufschonend mit ihm umgehen, ggf. vorerst auf das Reiten verzichten und auch die Bearbeitungsmethode überdenken. Nach der Eisenabnahme ist es wichtig, dem Pferd durch eine passende Bearbeitung die Umstellung so leicht wie möglich zu machen; die Empfehlung, noch eine Woche zu warten und dann ggf. die Eisen wieder draufzunageln, kann ich nicht unterstützen. Ihr Pferd braucht noch mehr Zeit als nur eine Woche, schliesslich müssen die Hufe auch die Möglichkeit haben, nachzuwachsen. Das Horn ist unter den Eisen meist von schlechter Qualität und kann den Anforderungen einer "normalen" Nutzung des Reitpferdes dann nicht gerecht werden.
Ausserdem war bisher die Hufmechanik aufgrund der Eisen weitestgehend ausgeschaltet, und jetzt, nach der Umstellung, spürt das Pferd seine Füsse und den Boden darunter und muss damit erstmal klarkommen. Der Bockhuf macht es nicht einfacher; wenn die Fehlstellung Schmerzen verursacht, war dies bisher lediglich durch das Eisen ausgeschaltet, die Ursache war aber schon vorhanden.
Ich empfehle Ihnen, zu den Hufen Ihres Pferdes eine weitere Meinung von einem Barhufbearbeiter einzuholen. Ohne Ihrem Schmied etwas zu wollen oder seine Arbeit beurteilen zu wollen, aber oft ist es so, dass Schmiede sich vorrangig auf Beschläge konzentrieren und sich bei Barhufpferden nicht allzuviel Mühe geben. Wenn es Barfuss nicht geht, muss halt wieder ein Eisen drauf... So schnell sollten Sie nicht aufgeben.
Mit besten Grüssen
Silke Plantzen

Re: Umstellung auf Barhuf

Hallo Sabrina,

die Umstellung auf barhuf ist mit "Eisen ab" in der Tat noch nicht bewältigt und 14 Tage noch keine ausreichende Schon- bzw. Rekonvaleszenzzeit. Die Gründe für ein lahm gehen sind vielfältig und es ist sehr individuell, wie ein Pferd mit der Eisenabnahme klarkommt.
Eine 2. Meinung vor Ort durch eine/N Huffachfrau/mann einzuholen ist sicher sinnvoll, nach 3 Wochen die Eisen einfach wieder drauf zu machen nicht. Selbst wenn das Pferd dann erstmal wieder läuft, bleiben die negativen Auswirkungen des Eisens bestehen und es ist noch längst nicht entschieden, ob dein Pferd nicht doch ohne Eisen klar kommt, wenn du ihm mehr Zeit ließest.
Leider sind viele TiermedizinerInnen auch nicht unbedingt VerfechterInnen des Barhufes, so dass auch sie häufig schneller zu Eisen raten, als es tatsächlich notwendig und sinnvoll ist.

Viele Grüße

Jutta

Re: Umstellung auf Barhuf

Hallo Sabrina,

meine Stute war auch 7 Jahre komplett beschlagen. Das ging mit einigen Hufproblemen einher und ich ließ ihr im September 2007 die Eisen abnehmen. Sie litt bis dahin unter einer ausgerpägten Ovalform der Hufe, die eine entsprechende Hebelwirkung verursachten. Zudem hatte sie vor allem an den Hinterhufen weder Trachten noch Tagrand. Wenige Monate zuvor musste sie deshalb auch Keilbeschlag tragen.

Die ersten 2 Wochen verbrachte sie nur auf der Weide. Ich dahcte dann, ich könnte mit ihr spazieren gehen, doch nach wenigen Spaziergängen ging sie stark klamm. Ich habe ihr dann Polsterverbände angbracht, wodurch sie sofort wieder normal lief. Nach 3 Tagen lief sie auch ohne Verbände wieder klar. Sie bekam wiederum einige Wochen Weidepause - ohne Spaziergänge.

In dieser Zeit wurde sie alle 2-4 Wochen von einer HO (DHGEV) bearbeitet, wobei immer wieder kleine Makel zum Vorschein kamen. Zum Beispiel an der Sohle/weiße Linie schwarze Stellen oder alte, rote Einblutungen durch die Hebelwirkung, die Stück für Stück beseitigt wurden. Zudem der harte Kampf um ein bisschen Tragrand und Trachten.

Ich konnte sie erst nach ca. 3 Monaten auf weichen Böden voll reiten. In den folgenden Monaten war der Boden oft gefroren, weshalb sie auf einem mit Stroh ausgelegten Paddock und auf einer flachgelaufenen Weide Auslauf hatte. Im Offenstall hatten wir Betonboden, wodurch sich ihre Hufe auch allmählich an harte Böden gewöhnen konnten.

Ich konnte leider für etliche Monate nicht selbst reiten, aber meine RB übernahm den Teil.

In den folgenden 3 Monaten konnte meine RB die anfänglich 10 Min. Asphalt auf 30 und später 60 Min. ausweiten. Im Frühjahr 2008 bekam sie dann wegen Reha (fehlerhafte Gymnastizierung mit Muskelatrophie zur Folge). Im Juli/August 2008 begann ich selbst wieder mit ihr zu arbeiten. In den ersten 2 Monaten ging es von vorne los mit der Empfindlichkeit der Hufe, da sie ja so lange auf der Weide gestanden hatte. Die Hufe mussten sich erneut an harte Böden gewöhnen. Es ging diesmal aber relativ schnell, so dass ich bereits im September 2008, also ca. 2,5 Monate später über jeden Boden hinwegreiten konnte. Im Oktober 2008 hatte sie auch keine Probleme mehr mit der steinigen Auffahrt, mit Steinen von ca. 3-5 cm.

Inzwischen geht sie auch auf gefrorenen Böden ohne zu stackseln. Nur darf man nicht vergessen, dass ein Barhufpferd das Recht hat unangenehmen Druck auszuweichen und vorsichtiger zu laufen.

Unser Reitplatz ist zwar ein Allwetterplatz, vor Frost aber nicht sicher. Wenn die beschlagenen Pferd dort noch bei Frost (voll!) gearbeitet werden (man denke nur an die Beine!), zeigt meine Stute ganz deutlich, dass ihr der Boden zu hart ist und läuft verhalten. Das ist keine Überempfindlichkeit, sondern ein natürlicher Schutz gegen Überlastung.

Sie passt wesentlich mehr auf ihre Hufe auf und donnert nicht wie wild über diesen harten Boden. genauso verhält es sich mit einzelnen Kieselsteinchen auf hartem Boden, auf die sie gelegentlich im Gelände tritt. Würde ise nicht sofort den unangenehmen Druck wegnehmen, würde sie sich eine Druckstelle holen. Das fühlt sich dann natürlich unangenehm an, weil man das Gefühl hat das Pferd finge zu lahmen an. Aber letztendlich soll mein Pferd ruhign auf seine Hufe und Beine aufpassen dürfen.

Wir werden teilweise mitleidig belächelt, weil mein Pferd eben auf stark unebenen Böden weniger elegant läuft als ein beschlagenes Pferd, aber wir sind auf dem besten Weg.

Wie du siehst dauert es eine ganze Weile bis sich ein ehemlas beschlagenes Pferd, gerade bei dem Beschlagszetraum, ans Barhuflaufen gewöhnt hat. Auch wenn es in den ersten Wochen oder Monaten nicht 100% super ist, heißt es nicht, dass Barhuflaufen unmöglich ist. Wir können ja auch nicht von heute auf morgen barfuß gehen, als hätten wir nie etwas anderes getan.

PS: Unsere anderen beiden laufen problemlos barhuf über jeden Boden hinweg. Die sind aber seit jeher Barhufer ;) Es ist demnach möglich, einen Barhufer zu haben, der so unempfindlich läuft als hätte er Eisen.

Wünsche euch viel Geduld und Erfolg!

Ganz lieben Gruß.

Re: Umstellung auf Barhuf

Hey danke für eure Antworten! Der Erfahrungsbericht stimmt mich sehr zuversichtlich! Er kann jetzt sogar schon besser laufen (auch auf dem gefrorenen Boden). Auch seine Strahlfurche bei seinem Bockhuf hat sich gebessert (wo er schon jahrelang Strahlfäule hat). Aber eine Frage hätt ich noch: was ist denn der Unterschied zwischen einem Huforthopäden und einem Barhufbearbeiter?
LG

Re: Umstellung auf Barhuf

Hallo Sabrina,

es gibt nicht "den/die BarhufbearbeiterIn". es gibt in Deutschland verschiedene Schulen, die die Ausbildung zur Barhufbearbeiterin als berufsbegleitende Ausbildung anbieten. Den Schulen ist gemeinsam, dass um die 20 Wochenendseminare plus einem Mitfahrpraktikum absolviert werden müssen. Allerdings unterscheiden sich die Bearbeitungsweisen und -ziele der verschiedenen Schulen zum Teil erheblich.
Die Huforthopädie unterscheidet sich von den anderen vorallem dadurch, dass sie mit den Kräften arbeitet, die den Huf formen = Bodengegendruck und Abrieb. HuforthopädInnen "lesen" den Huf und sorgen durch Abriebsteuerung dafür, dass das Pferd den Huf ausbalanciert nutzt ( Zur Vereinfachung lasse ich jetzt mal, die wenns und Details raus). Dies geht nur in kurzen Bearbeitungsintervallen, auf ein zurecht schneiden des Hufes durch z. B. einseitiges Kürzen wird verzichtet, da das Pferd durch die Bearbeitung den Huf selbst in die für es optimale Form läuft. Ziel ist nicht, dass das Pferd schnellst möglich zu nutzen ist, sondern dass der Huf seiner Funktion langfristig gerecht werden kann, auch wenn die Reha länger dauert, als schnell greifende Maßnahmen mit Beschlag und Kunsthorn o.ä., die nicht dazu führen, dass der Huf an sich funktionstüchtig wird.
Wir arbeiten auch nicht mit Winkelmessern, an denen wir dann ablesen, ob der Huf "korrekt" ausgerichtet ist, da jedes Pferd unserer Ansicht nach seine individuellen 4 Hufe hat, die auch nicht alle gleich aussehen müssen.
Zur Illustration möchte ich noch ein Beispiel beschreiben, dass vor einigen Jahren mal in der "Freizeit im Sattel" war. Da wurde ein junges Pferd beschrieben, dessen Hufe schief waren und die Gelenkebenen bereits unsymmetrisch. Eine elektronische Druckanalyse ergab einseitige Belastung. Boris Eberhard (Leiter der GdHK, ein Verband, der Barhufbearbeiter ausbildet) wurde mit der Versorgung dieser Hufe betraut. Das Pferd bekam einen einseitig erhöhten Beschlag und sofort war die Druckanalyse ausgewogen. Über ein halbes Jahr wurde das Pferd so beschlagen und lief besser, ich meine, auch die Gelenke wurden gleichmäßiger.
Als Huforthopädin konnte ich schon am Foto erkennen, wie das Pferd den Huf nutzt, zur Reha hätte ich auf Beschläge verzichtet und über das Ausschalten der Hebel die weniger belastete Wand zu vermehrten Lastaufnahme animiert und wäre sehr wahrscheinlich zu einem genauso guten Ergebnis gekommen, aber ohne Beschlag und Technik.

Soviel für heute ...

Jutta

Re: Umstellung auf Barhuf

Ich hab das mal genauer recherchiert:

DHG (Huforthopäden) = 20 Wochenenden + ein 30tägiges Mitfahrpraktikum (Dauer 2 Jahre)
DIfHO (Huforthopäden) = 17 Wochenenden + kein Mitfahrpraktikum (Dauer 1,5 Jahre)
BESW (Hufpfleger) = 6 Kursblöcke + 50tägiges Mitfahrpraktikum (Dauer 6 Monate)
Straßer (Hufheilpraktiker) = 8 Wochenenden (mit Freitag) + 20 Tage Hospitation (knapp 2 Jahre)

Gruß Thomas