Skip to main content Skip to page footer

Archiv

Zurück

Öffentlicher Brief an den Wahlkreisabgeordneten - Zur Nachahmung empfohlen

Sehr geehrter Herr Hochbaum,

vielen Dank für Ihre Bemühungen. Gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen und Fragen.

Pferd haben im Tierreich eine recht hohe Lebenserwartung von 20, 30 Jahre und mehr. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Pferden in Deutschland liegt bei 6,4 Jahren. Ich finde das sehr traurig und nachdenkenswert. Mit 7 Jahren sind Pferde erst richtig ausgewachsen und für Leistungen bereit. Viele Pferde wegen Lahmheiten getötet. 80% aller Lahmheiten haben ihre Ursache direkt oder indirekt im Huf. Weit über 90% aller Pferdehufe werden von staatlich geprüften Hufschmieden betreut. Auch das macht mich nachdenklich.

Sie sprechen von Graubereich. Warum hat sich dieser Graubereich in den letzten Jahren entwickelt? Nicht wegen einer Lücke im Gesetz, wie sie in Ihrem Brief anmerken, sondern weil immer mehr Pferdehalter mit der Hufsituation ihrer Pferde unzufrieden sind. Weil die meisten Schmiede als Lösung für jedes Problem ein Hufeisen aufnageln wollen. Weil die Pferdehalter die Nachteile des Metallbeschlags am Pferdehuf kennen gelernt haben. Weil die meisten Schmiede der Meinung sind, ohne Eisen geht es nicht.

Der Schmied soll der umfassend ausgebildete Hufexperte werden. Wie wollen Sie das erreichen???

Lassen Sie mich ein Buch zitieren:

Hufpflege bei Fohlen: Quelle: Handbuch Pferd, Kapitel Hufbeschlag, Ernst Niemerg, Staatl. anerkannte Hufbeschlaglehrschmiede Münster, S. 207: Zitat:

„Bei Stallhaltung sind die Hufe der Fohlen wöchentlich zu reinigen und Sohle und Strahl mit flüssig gemachtem Hufteer zu bestreichen. Risse oder Fäulnis am Strahl sind mit dem Hufmesser freizulegen und mit einer Desinfektionslösung zu reinigen. Ist die Hornwand rissig, so deutet dies auf Feuchtigkeitsmangel des Hufhorns hin. Ein Waschen der Hufe und nachfolgend ein leichtes Einstreichen mit reinen, säurefreien, möglichst ungefärbten Fetten beheben diesen Mangel in kurzer Zeit. Bei Tragrand-Hornspalten ist die Tragrandkante stark zu berunden und am oberen Ende eine Querrinne einzuschneiden oder einzubrennen. Durchlaufende Spalten müssen genietet und der Huf beschlagen werden.“

Stallhaltung von Fohlen? Nur durch extrem viel Bewegung auf großen Weiden können aus Fohlen gesunde Pferde werden. Mit gesunden Knochen, Gelenken, Sehnen und Hufen! Pferde die dann auch älter als 7 Jahre werden.

Wöchentliche Reinigung der Hufe? Hallo? Einmal pro Woche den Mist aus den Hufen kratzen (mit dem die Fohlen im Stall zwangsweise in Berührung kommen) kann man sich eigentlich auch ersparen. Den Rest der Woche faulen die Hufe vor sich hin, haben keinerlei Anreiz sich zu entwickeln.

Risse und Fäulnis – dagegen hilft einfetten? Risse kommen von verformten Hufen, nicht von Feuchtigkeitsmangel. An Feuchtigkeit mangelt es im Stall eher selten.

Bei Spalten ist der Fohlenhuf zu beschlagen? Ein winziger, wenige Zentimeter großer Fohlenhuf, der sich im Wachstum befindet, der sich gesund entwickeln soll, ist mit einem Eisen zu beschlagen? Und wir wundern uns, dass viele Pferde in Deutschland das 7. Lebensjahr nicht erreichen? Eine andere Lösung, als ein Eisen aufzunageln, kennen Schmiede nicht!

Diesen, in meinen Augen tierschutzwidrigen Müll verbreitet ein Hufbeschlaglehrschmied. Aber immerhin ist er staatlich anerkannt. Also muss es gut sein, was er tut und schreibt, oder? Und mit solchen Hufbeschlaglehrschmieden wollen Sie umfassend ausgebildete Hufexperten sicher stellen? Wie soll das funktionieren?
Darf ich Ihnen als letztes noch zwei Bilder zeigen?
Das erste Bild zeigt einen Huf, wie man ihn an vielen beschlagenen Hufen findet.
Das 2. Bild zeigt einen in meinen Augen gesunden Barhuf (am Bein meines eigenen 14 Jahre alten Pferdes, gepflegt von einem Huforthopäden…).

Sehen Sie die kleine Auflagefläche durch die Stollen, die in unserer Region fast alle Pferde an den Eisen haben? Das Pferd wiegt 600 kg. Die Hufe sind sein Fundament.

Sehen Sie den wellenförmigen Verlauf des Horns? Der Knochen im Inneren des Hufes wird sich dieser Form anpassen. Vorzeitiger Verschleiß und Lahmheiten sind vorprogrammiert.

Die Besitzerin hat mich um Rat gefragt, da ihr Pferd „Beulen“ oberhalb des Hufes bekommt. Die Beulen sind Knochenzubildungen, aufgrund ungünstiger Kräftewirkungen und Lastverteilungen.

Welches der beiden Pferde wird sich in seinen „Schuhen“ wohler fühlen???

Meinen Sie wirklich, gute Arbeit wird durch eine staatlich anerkannte Prüfung sichergestellt?

Hilfe!!! Wo bleibt der Tierschutz, für den Sie mit Ihrem Gesetz sorgen wollen?

Ich mache Ihnen persönlich keinen Vorwurf. Warum sollten Sie sich für Pferde und deren Hufbearbeitung interessieren und woher sollten Sie als Politiker die Fachkenntnis nehmen, um die Hufbearbeitung von Schmieden und Co. beurteilen zu können? Aber warum müssen dann Politiker über Dinge Gesetze erlassen, von denen sie keine Ahnung haben?

Und da soll man nicht das Vertrauen in die Politik verlieren…

Viele Grüße aus dem Vogtland
Aline Ullsperger
Huforthopäde in Ausbildung

P.S. Eigentlich könnte es mir egal sein. Ich werde meine Ausbildung hoffentlich erfolgreich) in absehbarer Zeit beenden und falle unter die Bestandsschutzregelung. Aber darum geht es nicht.

Es geht um die vielen Pferde, die keine 7 Jahre alt werden…

Re: Öffentlicher Brief an den Wahlkreisabgeordneten - Zur Nachahmung empfohlen

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Wir haben eine ganze Liste mit Meinungen erboster Pferdebesitzer an den Agrarausschuss gesandt. Antworten gab es keine. Auch die vielen Fallbeispiele (darunter verpatzte Schmiede- und TA-Behandlungen) scheinen nicht zu beindrucken.

Bleibt für die Zukunft:

etablierte Parteien (nicht nur aus diesen Gründen) zu meiden und Stimmen besser zu verteilen!


Grüße aus Mainz
Michael

[%sig%]