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Erbitte Beratung Hornsäule/Rehe

per mail vom 26.6.2010:

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin kein Mitglied bei Ihnen.
Ist es erforderlich, um eine Beratung zum Thema Hornsäule und Hufrehe zu bekommen??
Ich habe ein sehr drängendes Problem. Es geht um die Hornsäule, die Anfang des Jahres festgestellt worden ist. Eine Röntgenaufnahme zeigte keinen Handlungsbedarf. Seit gestern scheint sie (Tarpanstute, 14 J.) dadurch beeinträchtigt zu sein - sie lahmt. Der Hufschmied meint er könne nicht mit Sicherheit sagen, ob die Hornsäule dafür verantwortlich ist.Ich werde noch meinen TA beanchrichtigen. Zu dem Thema Hornsäule gibt es nun ja sehr unterschiedliche Meinungn. Dementsprechend bin ich verunsichert und unschlüssig ob der weiteren Vorgehensweise.
Sollte es doch ein Reheschub sein, dann wäre ich sehr an der Blutegeltherapie interessiert....
Ich würde mich sehr über eine Antwort von Ihnen freuen!
Mit freundlichen Grüßen
Tina Kallage

Re: Erbitte Beratung Hornsäule/Rehe

Hallo Frau Kallage,

entschuldigen Sie die späte Antwort auf ihre so dringende Frage, ich
habe Ihre Nachricht erst heute abend bekommen, da ich die letzten Tage
verreist war.
Man muss nicht Mitglied sein, um eine Beratung anzufragen, keine Sorge :-)
Es ist natürlich virtuell etwas schwierig, die Situation einzuschätzen
und dementsprechend eingeschränkt in der Aussagekraft.

Zum Ihren Fragen:
Der Begriff Hornsäule wird leider oftmals sprachlich ungenau für ganz
unterschiedliche Dinge verwendet. Das häufigere und glücklicherweise
harmlosere Phänomen ist, wenn es sich um eine Art "senkrechte Narbe" im
Inneren des Hufes handelt. Das Narbenhorn hat eine andere Struktur und
eine minderwertigere Qualität als das "normale" Horn, weshalb sich zwar
an diesen Stellen leichter Fäulnis ansiedelt und was sich im Röntgenbild
evtl. auch anders darstellen kann, als das Horn in der Umgebung. Sehr
vereinfacht gesagt bildet sich das Narbenhorn dort, wo es benötigt wird,
um "Lücken" zwischen dem Hufbein und der äußeren Hornkapsel zu
schließen, wenn dort kein oder nicht ausreichend normales Horn gebildet
wird. Es ist ein sinnvoller Reparaturmechanismus des Hufs, der FÜR SICH
nicht schmerzhaft ist.
Was in einem solchen Fall tatsächlich Probleme bereiten kann, ist, wenn
sich an der Stelle der Hornsäule Fäulnis ansiedelt, dann könnte im
ungünstigen Fall ein Hufgeschwür oder -Abszess entstehen, was wiederum
sehr schmerzhaft sein kann. So etwas kann sehr plötzlich und z.T.
starkes Lahmen verursachen. Wenn der Schmied im Bereich der Hornsäule
den Huf sauber ausgeschnitten hat, hätte er evtl. einen Hinweis auf ein
mögliches Geschwür oder einen Abszess sehen können. Hat er den Huf an
dieser Stelle mit der Untersuchungszange abgedrückt? Damit kann man
oftmals eine Schmerzreaktion provozieren, wenn dort etwas im Argen ist
(funktioniert aber nicht immer). Wenn der Huf oder Kronsaum heiß
geworden ist und/oder der Puls hinten-seitlich unterhalb des
Fesselkopfes leicht zu spüren ist, sollte auf jeden Fall schnell der
Tierarzt kommen, dann kann es wirklich ein eitriger Prozess sein! Der TA
müsste in so einem Fall den Abzess aufschneiden und evtl. bekommt das
Pferd Antibiotika.

Eine andere Möglichkeit für Probleme im Zusammenhang mit einer Hornsäule
liegt möglicherweise in einer ungünstigen Form/Verfassung der Hufkapsel.
Diese können sowohl aktuell Schmerzen auslösen als auch die
ursprüngliche Ursache für die Hornnarbe sein. Hier wäre ein plötzlicher,
starker Schmerz aber unwahrscheinlicher als eine schleichende
Entwicklung, aber das kann ich an dieser Stelle ohne Bilder des Hufs
weder beurteilen noch sinnvoll erklären. Wenn Sie mir Bilder des Hufes
(s. Fotoanleitung auf der DHG-Webseite!!) schicken, kann ich hierzu mehr
sagen.

Das andere Phänomen, das manchmal Hornsäule genannt wird, sind
eigentlich sogenannte "isolierte Keratome". Diese werden manchmal auch
als Hornsäule bezeichnet, obwohl sie eigentlich eher eine rundliche Form
haben. Die Ursache hierfür ist eine Verletzung der Lederhäute (innen im
Huf, Produktionsstätte des Horns). Wenn hier einzelne, ganz spezielle
Zellen von ihren Platz in der Lederhaut abgerissen und an eine andere
Stelle "getragen" wurden, produzieren sie zwar "wie immer" durch
Zellteilung neues Horn, aber da sie am falschen Platz sind, wächst das
Horn nicht in die richtige Richtung: also nicht von oben nach unten,
sondern einfach so unkontrolliert um diese isolierten Zellen herum. Es
entsteht ein Knubbel. Dafür ist aber eigentlich kein Platz im Huf, so
dass dieser Hornknubbel dann irgendwann einen schmerzhaften Druck
ausübt. Isolierte Keratome müssen aus diesem Fall gründlich
herausoperiert werden! Zum Glück ist dieses Phänomen sehr selten - und
von einer Verletzung des Hufs haben Sie ja nicht berichtet?

Wie kommen Sie zu der Überlegung, dass das Pferd einen Reheschub haben
könnte? Hatte es bereits früher welche und warum?
Wenn Sie einige der folgenden Symptome beobachten, würde ich
schnellstmöglich einen Tierarzt/THP mit Blutegeln holen! :
Matter Allgemeinzustand, abwechselnd Hufe entlasten, "schlecht um die
Kurve gehen" d.h. Wendeschmerz, Trachtenfußung, Beine nach vorne raus
stellen, heiße Hufe, stärkerer Puls am Fesselkopf wie oben beschrieben.
Wenn ein Verdacht besteht, sollte das Pferd nicht mehr unkontrolliert
auf die Weide, man sollte aber auch nicht plötzlich alles Gras
weglassen, wenn der Darm daran gewöhnt ist (etwas grasen lassen).
Kraftfutter ganz weglassen. Reduzierte Mengen Heu geben (aber nicht
komplett oder viele Stunden lang hungern lassen) und eine Stunde lang
einweichen (das wäscht den Fruchtzucker heraus). Es sollte sich
möglichst wenig bewegen, d.h. nur soviel es selbst möchte, ohne dass es
von anderen Pferden getrieben werden kann, NICHT ARBEITEN. Auf weichen
Sand oder sehr weiche Einstreu (Späne/Stroh-Gemisch) stellen! Die
Umgebung möglichst stressarm gestalten (z.B. nicht plötzlich ganz allein
einsperren, wenn es nicht allein bleibt).
Schöne Grüße und alles Gute,
Caja Sulzbach

Re: Erbitte Beratung Hornsäule/Rehe

Hallo Frau Sulzbach,
vielen, vielen Dank für Ihre Antwort!
Ja, meine Stute hatte den ersten heftigen Reheschub im Sep. 2006. Dann hatte ich 3 Sommer lang Ruhe. Mit rationierter Fütterung und Portionsweide in der Weidesaison.>>Im letzten Oktober bekam sie dann erneut einen Schub. Die Pferde haben zu der Zeit auf einer Weide gestanden, an der auch Eichen stehen und wir vermuten, dass sie davon gefressen haben. Desweiteren haben wir im nachhinein erfahren, dass sie von einer neuen Stallkollegin Zucker, Brot und Obst zugesteckt bekommen hat wider besseren Wissens... das ist sehr ärgerlich!!!
Auch über Winter hat diese Person trotz Absprache den Pferden zusätzlich zu fressen gegeben (Offenstallhaltung)....vermtzlich auch wieder Zucker u.a. ; mein Pferd war darauf ziemlich dick geworden, ich habe sie dann separiert , da sie Verdacht auf EMS hatte, und sie auf Diät gesetzt....
So, und nun hat sie wieder einen Reheschub - Diagnose des TA vom Freitag. Sie bekommt zur Zeit Equipalazone, trägt einen Maulkorb seit Beginn der Weidesaison. Vier bis fünf Stunden weiden auf Portionsweide ohne Korb war kein Problem. Sie pulsiert auf allen vier Füßen.Ging lahm und kam schlecht hoch, was nun wieder viel besser ist. Die Pulsation ist weniger geworden. Sie darf mit dem Korb auf die Weide sagt der TA. Das Problem ist, dass sie sich diesen immer wieder abstreift. Ohne Aufsicht ist da nichts zu machen.So steht sie viel in dem Paddock am Unterstand. Und vor allem Nachts hat sie Stress damit, dass die anderen weiden gehen und sie "allein" zurück bleibt. >>Ich kann heute erst meine THP kontaktieren, da sie im Urlaub war und möchte auf jeden Fall dass sie Blutegel setzt.
Von der Hornsäule mache ich gerne Fotos. Und schick sie Ihnen zu.
Ich bin auf der Suche nach einem Pferd, dass ich zu meiner Stute stellen kann. Das würde die Situation sehr vereinfachen.Im Moment ist es sehr unbefriedigend.
Ich vermute mal, dass ich aufgrund der Überfütterung im Winter und der daraus folgenden Schübe, nun ein noch empfindlicheres Pferdchen habe ???Oder läßt sich da noch was machen???
Mit besten Grüßen
Tina Kallage

P.S: und ich würde gerne an der Studie teilnehmen. Läuft diese noch? Ist es noch möglich?

Re: Erbitte Beratung Hornsäule/Rehe

Hallo Frau Kallage,

Ihr Pferd ist im Zweifel nicht primär durch die Reheschübe selbst
empfindlicher geworden, sondern man WEISS jetzt einfach, dass es überhaupt
reheempfindlich ist. WENN aufgrund einer Rehe bleibende Schädigungen am Huf
zurückbleiben (z.B. verbreiterte weiße Linie) kann es sein, dass dadurch auch
eine bleibende stärkere MECHANISCHE Belastung für den Aufhängemechanismus des
Hufbeins im Hornschuh bestehen geblieben ist, der eine erneute Rehe begünstigen kann.
Das bedeutet: Wenn ein weniger empfindliches Pferd vielleicht noch keine Rehe bekäme,
bekäme ihr sowieso empfindlicheres Pferd dadurch evtl. noch leichter einen neuen Schub.

In jedem Fall erscheint hier eine sehr sorgfältige und regelmäßige Hufpflege anzuraten,
um zusätzliche mechanische Belastungen durch zu lang gewordene schräge Wände/
Wandabschnitte zu vermeiden. Daumenregel: Bearbeitung alle 4-6 Wochen
in "gesunden" Phasen und demnächst besser noch häufiger!

Wieviel Weide ihr Pferd verträgt, müssen sie wohl leider "ausprobieren",
das ist sehr individuell. Auf der Homepage haben Sie vielleicht schon gesehen,
dass im Juli ein neues Buch zur Rehe erscheint, vielleicht können Sie hieraus
auch noch interessante Anregungen für sich selbst entnehmen.

Mit dem aktuellen Stand der Blutegelstudie kenne ich mich selbst nicht so aus,
ich habe Frau Rasch gebeten, sich hier einmal dazu zu äußern.

Um zu Bildern der Hornsäule etwas sagen zu können, bräuchte man auf jeden Fall
auch Fotos vom kompletten Huf von vorne, von der Seite, von unten und evtl. von hinten
und das möglichst auch vom Nachbarhuf und ein Bild des kompletten Pferdes.
Idealerweise auch die Röntgenbilder, falls verfügbar.

Viel Glück bei der Suche nach dem Gesellschaftspferd - theoretisch dürfte es gar nicht
mal so schwer sein, wenn man bedenkt, dass es sicherlich genug andere Pferde mit
ähnlicher Problematik gibt, für die eine problembezogene, optimierte Haltung sicherlich
ebenfalls interessant sein dürfte.

Schöne Grüße,
Caja Sulzbach