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Brauche ich einen Huforthopäden?

Hallo,
mein Pferd ist 13 Jahre alt, Mutter Württemberger, Vater Araber ox. Ich habe ihn mit vier Jahren gekauft. Das Pferd war noch niemals beschlagen. Er wird freizeitmäßig geritten. Im Schnitt 2 x pro Woche auf dem Platz (Hackschnitzel) geritten, 1 x longiert, 2 x Gelände. Pferd steht in einer Laufstallgruppe. Vor dem Stall Knochensteine, Paddock mit Hackschnitzeln. Wenn es die Witterung erlaubt, freier Zugang zur Weide, insgesamt etwa 8-9 Monate im Jahr. Hatte keine größeren Probleme beim Reiten, auf dem Platz sowieso nicht, Pferd läuft gut und willig, wird dressur-/englisch geritten. Bodenarbeit, Cavaletti, kleine Sprünge, Dressur E/A-Lektionen. Im Gelände haben wir wenig Asphalt/Straße, etwa 1/4 Naturboden (Wald), etwa 3/4 Schotterwege mit feinem Kies. Pferd sucht sich selbst den weicheren Wegrand mit Gras und Laub. Geht ordentlich auf Schotter/Kieswegen, wenn es geregnet hat und nicht zu harter Boden. Wenn die Wege hart sind, nehme ich Hufschuhe (Boa). Geht gut. Fühlig ist er auf gröberen Schottersteinen und auf kleinerem Schotter auch nach dem Ausschneiden. Bergab geht er immer langsam. Im Schnee läuft er traumhaft und federnd.
Seine Hufe entsprechen aber nicht dem Idealbild. Die Fotos sind gemacht 6 1/2 Wochen nach dem Ausschneiden und Raspeln durch den Hufschmied. Es wurde in dieser Zeit nichts an den Hufen gemacht.

Meine Frage: Das Pferd läuft ja nun nicht schlecht, obwohl die Hufe nicht ideal sind. Kann es auf die Dauer zu Schäden kommen (Gelenke???)? Brauche ich einen Huforthopäden? Was muss an den Hufen gemacht werden?
Ich bin mir nicht sicher, ob der Schmied das immer richtig macht. Es sind "äußerliche" kosmetische Manipulationen, z.B. die immer zu lang wachsende Innenzehe zu raspeln oder den äußeren Rand. Aber der Huf ändert seine Form ja nicht von Grund auf, sondern es muss immer wieder an derselben Stelle Horn abgetragen werden. Könnte man durch andere Bearbeitung den Huf dazu bringen, von alleine "runder" zu wachsen?

Bin gespannt auf Tipps!
Ursula

[%sig%]

Re: Brauche ich einen Huforthopäden?

Hallo Ursula,
zunächst einmal, finde ich, können Sie sich sehr glücklich schätzen, ein Pferd zu haben, welches in der von Ihnen beschriebenen Weise mit seinen Hufen zurechtkommt. Dass grober Schotter unter dem Huf nicht angenehm ist, ist nicht ungewöhnlich. Dass feinerer Schotter nach der Hufbearbeitung schlechter vertragen wird als vorher, ist dagegen etwas, was man nicht einfach so übergehen sollte. Hier sollte man darüber nachdenken, weshalb und wie die Hufbearbeitung diese Fühligkeit befördert und ob diese Sache nicht abstellbar ist.
Sie schreiben, dass Sie die Hufe Ihres Pferdes nicht ideal finden. Was genau stößt Ihnen an den Hufen Ihres Pferdes auf? Und wie geht Ihr Hufschmied auf diese Dinge ein? Sie schreiben, dass er die stets zu lang gewachsene Innenzehe beraspelt (von unten?) und den äußeren Tragrand (bullnasig?)beraspelt. Wird der Huf auch von unten gekürzt? Gleichmäßig oder auf der Innenwand stärker als auf der Außenwand? Im hinteren Hufbereich etwas mehr?
Auch bei huforthopädischer Arbeit muss unter Umständen bei jeder Bearbeitung an der gleichen Stelle Horn abgetragen werden. Allerdings unterscheidet sich das "Abtragen" völlig von dem, welches traditionell vorgenommen wird. Huforthopädisch gearbeitet, werden nicht die zu lang oder schräg gewordenen Wandabschnitte nachträglich gekürzt (hierunter leiden nicht nur die Gelenke!), sondern es wird Horn (ohne Veränderung der Wandhöhe und damit ohne abrupte Stellungsveränderung) abgetragen, um die betreffenden Wandabschnitte zukünftig sich schneller kürzen zu lassen bzw. zukünftig gerader zu Boden wachsen zu lassen. Am Beispiel der stets zu mächtig werdenden Innenzehe Ihres Pferdes: Hier wird zum einen Sohlenmaterial abgetragen, die Tragrandbreite durch Rieddach von außen reduziert, beides befördert einen höheren Abrieb in diesem Bereich. Zudem wird die in der größeren Schräge der Hornröhrchen liegende ungute Hebelkraft in diesem Bereich durch das Rieddach und durch einen sohlenseitig angelegten senkrechten Tragrand reduziert. Es gibt Pferde, deren Belastungssituation und Abfußverhalten eine solche Korrektur immer wieder nötig macht, bei anderen ist von mal zu mal weniger zu tun und die beschriebene Korrektur wird immer seltener nötig. Wie sich dies bei Ihrem Pferd verhält, kann ich auffgrund der Huffotos allein natürlich nicht sagen; aber selbst wenn Ihr Pferd zur ersten Gruppe zählen würde, wäre die huforthopädische Art und Weise der Korrektur der Gesundheit nicht abträglich, was man von der traditionellen Abtragweise nicht sagen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Konstanze Rasch

Re: Brauche ich einen Huforthopäden?

Liebe Frau Rasch,

vielen Dank fuer Ihre Anwort. Ich bin ja nun beileibe kein Experte, aber wenn ich die Hufe meines Pferdes genauer betrachte, fällt mir zum Beispiel auf, dass die Sohlenfläche von unten eben nicht "rund", sondern etwas ausgebeult aussieht (verzeihen Sie meine laienhafte Ausdrucksweise). Beim rechten Vorderfuß sehe ich, dass der Huf innen höher und steiler ist als die Aussenseite...
Der Schmied schneidet den Strahl aus und kürzt den Huf von unten, indem er den etwas überstehenden Tragrand wegknipst und beraspelt. Dann raspelt er den Rand (von oben, Pferd hat den Fuß auf dem Bock), nimmt eben von der Innenzehe und dem Außenrand einiges weg. Ob er von unten Innen- oder Außenwand stärker bearbeitet, kann ich so jetzt gar nicht sagen, darauf habe ich nie geachtet. Im hinteren Teil des Hufes macht er meist gar nichts, weil mein Pferd das Horn sowieso herunterläuft.
Die Hinterhufe sind meist auch schnell bearbeitet, Strahl ausschneiden und dann die Hufe eben raspeln, hier wächst das Horn nicht so schnell nach.

Ich habe mir das Buch von J. Biernat ausgeliehen und werde mich jetzt mal in die Materie einarbeiten. Heute hat es zum ersten Mal geschneit, jetzt kommt die schönste Jahreszeit für die Barfußpferde (finde ich :-)

Viele Gruesse
Ursula

[%sig%]

Re: Brauche ich einen Huforthopäden?

Hallo Ursula,
dass mit dem Buch ist eine sehr gute Idee.
Die Hufe Ihres Pferdes haben, wie Sie selbst schon richtig beobachtet haben, keine große Sohlenwölbung und damit natürlich auch relativ viel Bodenkontakt (dadurch relativ schnell gebildete Sohlenwülste). Das geht, wie die Fotos zeigen, mit einem recht geringen Tragrandüberstand einher. Der Tragrandüberstand wird, wie sie schreiben, durch die Hufbearbeitung dazu noch dezimiert. Insofern erklärt sich auch die stärkerer Fühligkeit nach dem Huftermin. Den Tragrand zu entfernen, ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg der Hufsohle zu mehr Bodenfreiheit zu verhelfen. Es hilft auch nicht dabei, die Hufe dahin zu führen, dass die Hufwände (innen und außen, vorn und hinten) den Bodendruck gleichmäßig aufnehmen. Sie selbst haben wiederum richtig beobachtet, dass sich die Hufwände innen und außen unterscheiden. Über die Höhe der Wände und die Länge der Hornröhrchen (! beides verhält sich selten proportional) möchte ich allein auf Basis der Fotoaufnahmen keine Aussage treffen. Aber in jedem Fall sind die äußeren Hufwände beider Füße eher gerundet, wohingegen die inneren Hufwände jeweils eine Verbiegung aufweisen. Wenn man sich jetzt überlegt, wie der Bodendruck auf diese unterschiedlich geformten Wände einwirkt und dies Wissen nutzen bzw. dem Ergebnis entgegensteuern will, kommt man auf etwas anderes, als den Wandüberstand zu entfernen und die Wände ohne Plan (=auf dem Bock) rund zu raspeln. Insofern wäre eine huforthoädische Bearbeitung schon das Passendere.
Im Buch finden Sie hierzu umfassende Erklärungen, bspw. über den Zusammenhang von fehlender Bodenfreiheit und Sohlenwülsten oder das Verhältnis von Wandstellungen und Lastaufnahmefähigkeit etc. Viel Spaß beim Entdecken.
Mit freundlichen Grüßen
Konstanze Rasch